
Apple hat die neue Live-Übersetzungsfunktion für AirPods in Europa vorerst deaktiviert. Konkret gilt: Befindet sich das iPhone in der EU und ist das Apple-ID-Land ebenfalls ein EU-Staat, steht Live Translation nicht zur Verfügung. Apple verweist auf regulatorische Hürden, insbesondere den Digital Markets Act (DMA), der Interoperabilität mit Geräten anderer Hersteller verlangt. Für Nutzer in Deutschland heißt das: Das vermeintliche Killer-Feature der AirPods Pro 3 – und per Update auch auf AirPods Pro 2 und AirPods 4 (ANC) – bleibt vorerst unbenutzbar, obwohl es in anderen Regionen bereits ausgerollt wird.
Was Live Translation eigentlich kann
Live Translation übersetzt Gespräche in Echtzeit direkt ins Ohr und zeigt parallel Transkripte auf dem iPhone an. Die Funktion ist eng mit Apple Intelligence verzahnt, läuft weitgehend on-device und soll so private Unterhaltungen schützen. Unterstützt werden zum Start ausgewählte Sprachen (u. a. Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch), weitere wie Italienisch, Japanisch, Koreanisch und Chinesisch (Mandarin, vereinfacht und traditionell) sollen folgen. Technische Voraussetzungen sind AirPods 4 (ANC) oder AirPods Pro 2/3, ein iPhone 15 Pro oder neuer sowie iOS 26 mit aktivierter Apple Intelligence und aktueller AirPods-Firmware.
Warum ausgerechnet die EU ausgebremst wird
Offiziell nennt Apple die Regionseinschränkung in Support- und Newsroom-Dokumenten, ohne technische Gründe im Detail zu erläutern. Parallel hat der Konzern jedoch eine ausführliche Stellungnahme zum DMA veröffentlicht. Quintessenz: Bestimmte Funktionen dürften erst dann für EU-Nutzer freigeschaltet werden, wenn Apple sie auch für Geräte und Apps anderer Anbieter verfügbar macht. Bei Live Translation sei das ein besonderer Kraftakt, weil Apple die Vertraulichkeit von Gesprächen garantieren wolle, ohne Daten an Dritte preiszugeben. Ähnlich verfahren die Kalifornier bereits bei iPhone-Mirroring und erweiterten Maps-Funktionen, die in der EU noch fehlen. Branchenbeobachter sehen darin weniger eine Datenschutz- als eine Interoperabilitätsdebatte: Der DMA zwingt Gatekeeper dazu, ihre Ökosysteme zu öffnen – Apple argumentiert, das gefährde Sicherheit, Privatsphäre und das „nahtlose Nutzererlebnis“.
Konkrete Folgen für Deutschland
Für Anwender hierzulande ist die Lage eindeutig: Wer sich in der EU aufhält und dessen Apple-ID auf ein EU-Land registriert ist, kann Live Translation mit AirPods nicht nutzen. Die Sperre greift unabhängig davon, ob man neue AirPods Pro 3 gekauft oder auf AirPods Pro 2 beziehungsweise AirPods 4 (ANC) aktualisiert hat. Außerhalb der EU oder mit einem nicht-EU-Account ist die Nutzung möglich – Apple warnt jedoch implizit davor, regionale Regeln zu umgehen. Wichtig zudem: Die Einschränkung betrifft nur die AirPods-Variante der Live-Übersetzung; text- und anrufbasierte Übersetzungen innerhalb von iOS 26 sind nicht grundsätzlich Teil dieser AirPods-Sperre.
Einordnung: Politik, Produktstrategie – und der Frust der Nutzer
Die EU will mit dem DMA faire Wettbewerbsbedingungen schaffen und Dominanz großer Plattformen beschränken. Apple hält dagegen, Interoperabilitätszwänge erhöhten die Angriffsfläche, machten iOS „android-ähnlicher“ und gefährdeten das Schutzniveau. Für Konsumenten in Deutschland bleibt vorerst vor allem eines: ein Feature-Gap. Aus Marketingsicht riskiert Apple, dass der EU-Start der AirPods-Übersetzung – anders als in den USA oder UK – zum Nicht-Ereignis gerät. Umgekehrt liefert die Verzögerung der EU-Kommission politischen Druck, den DMA nicht als „Innovationsbremse“ zu lesen, sondern als Hebel für offene Schnittstellen. Dass Wettbewerber bereits ähnliche Funktionen anbieten, zeigt, dass Echtzeit-Übersetzung in Europa grundsätzlich möglich ist – die strittige Frage ist, wie sie geräteübergreifend, sicher und DMA-konform umgesetzt werden muss.
Ausblick: Was jetzt realistisch ist
Apple signalisiert „tausende Stunden“ Zusatzaufwand für DMA-Compliance und stellt weitere EU-Verzögerungen in Aussicht. Gleichzeitig wächst der Druck, Live Translation in einer Form zu liefern, die sowohl Privatsphäre-Versprechen als auch Interoperabilitätspflichten erfüllt. Wahrscheinlich ist daher ein stufenweiser EU-Rollout: zunächst auf iPhone-Ebene und ausgewählte Kommunikationswege, später – nach Klärung technischer und rechtlicher Details – mit AirPods-Ohrenkanal. Bis dahin bleibt die Übersetzungs-Showcase-Funktion in Deutschland ein Lehrstück darüber, wie sehr Produktpolitik und Regulierung inzwischen zusammenwirken.
Was Käufer jetzt beachten sollten
Wer AirPods primär wegen Live Translation kaufen wollte, sollte die EU-Lage in die Kaufentscheidung einpreisen. Die Hardware ist nicht „defekt“, das Feature ist softwareseitig regional beschränkt. Wer ohnehin upgraden will, erhält ANC-Verbesserungen und andere AirPods-Neuerungen – nur eben (noch) keine Live-Übersetzung in Deutschland. Für Entwickler und Unternehmen mit internationalem Publikum bleibt es spannend: Sobald Apple eine DMA-konforme Brücke skizziert, könnte Live Translation als barrierearmer Sprachlayer in Support, Sales und Bildung eine enorme Rolle spielen.
Quellen
- Apple Support: Use Live Translation with your AirPods (Verfügbarkeit & Voraussetzungen)
- Apple Newsroom: New Apple Intelligence features (EU-Hinweis zur AirPods-Übersetzung)
- Apple Statement: The Digital Markets Act’s impacts on EU users
- heise online: Live-Übersetzung für AirPods Pro – EU-Nutzer schauen in die Röhre
- NIUS: Wegen EU-Regulierung – Übersetzungs-AirPods funktionieren nicht in Deutschland