
Das Comeback einer 90er-Ikone – neue Spiele, alte Stärken und ein klarer Plan
Es ist offiziell: Acclaim Entertainment, einer der schillerndsten Namen der 80er und 90er, kehrt nach mehr als zwei Jahrzehnten Pause in die Spielebranche zurück – und zwar nicht leise. Am 10. September 2025 lieferte die neu aufgestellte Firma mit der digitalen „Play Acclaim Showcase“ ihren Neustart ab, präsentierte eine erste Welle von neun frischen Indie-Titeln und gab damit einen deutlichen Fingerzeig, wohin die Reise geht: eigenwillig, schnell, überraschend, mit bewusstem Bezug zur eigenen Geschichte – aber ohne im Nostalgie-Leerlauf stecken zu bleiben. Die Premiere unterstrich, dass Acclaim heute als agiler, entwicklerfreundlicher Publisher auftritt und seine Marke als Sprungbrett für kreative Teams versteht.
Was ist passiert? Der neue Startschuss – und wer jetzt das Sagen hat
Die Rückkehr wurde bereits am 4. März 2025 eingeläutet, als Branchenveteranen die Marke Acclaim übernahmen und ein zeitgemäßes Publisher-Modell ankündigten: Finanzierung, Marketing, PR und Distribution für unabhängige Studios, flankiert von der Option, ausgewählte Klassiker aus dem früheren Portfolio wiederzubeleben – sofern die Rechte verfügbar sind. An der Spitze steht Alex Josef (zuvor Graffiti Games), beraten von einem prominent besetzten Beirat um Russell Binder (Striker Entertainment), Mark Caplan (Ridge Partners) und Wrestling-Legende Jeff Jarrett (Global Force Entertainment). Das neue Selbstverständnis: „Legendäre Marke trifft Startup-Tempo“. Mit der „Play Acclaim Showcase“ am 10. September folgte der praxisnahe Beleg – inklusive konkreter Spiele, Roadmap-Andeutungen und einem klaren Bekenntnis zur Indie-Szene.
Die Erfolge von früher: Von Mortal Kombat und NBA Jam bis Turok und Shadow Man
Wer in den 90ern gezockt hat, kommt an Acclaim kaum vorbei. Das Unternehmen stand wie kaum ein anderer Publisher für spektakuläre Lizenzen und massive Marketing-Power: Die Heimkonsolen-Umsetzungen der Mortal Kombat-Arcade-Hits stammten früh aus dem Acclaim-Kosmos und prägten ganze Plattform-Generationen. Turok: Dinosaur Hunter wiederum war 1997 nicht nur ein N64-Vorzeitetel, sondern avancierte zum kommerziellen Rettungsanker – mit Millionenumsätzen, hohen Verkaufszahlen und nachhaltigem Einfluss auf das Shooter-Standing der Nintendo-Hardware. Und Shadow Man gilt bis heute als stilprägender Action-Adventure-Kult, der in Summe über die Plattformen hinweg die Millionenmarke durchbrach. Hinzu kommen die Heimversionen von NBA Jam, die Acclaim-Veröffentlichung von Burnout 2: Point of Impact und ein Arsenal an Sport- und Lizenzspielen, mit denen die Firma die 90er prägte – im Guten wie im Lauten. All das erklärt, warum die Marke 2025 überhaupt noch Strahlkraft besitzt: Acclaim war nie nur ein Logo; es war ein Versprechen auf Tempo, Kante und Massenwirkung.
Warum kommt Acclaim zurück? Die Strategie hinter dem Reboot
Die neue Führung positioniert Acclaim als Publisher, der Entwickler nicht nur finanziert, sondern aktiv beim Bauen von Reichweite und Marken unterstützt – ein „Launchpad“ statt „Old Guard“. CEO Alex Josef beschreibt das Leitbild als Mischung aus Respekt vor der Historie und mutiger Neuinterpretation: Man suche Teams mit eigener Stimme, unverwechselbarer Mechanik, prägnanter Ästhetik – und der Bereitschaft, Risiken einzugehen. Nostalgie darf antriggern, darf aber nie zur Krücke werden; entscheidend ist, dass die Spiele 2025 eigenständig tragen. Genau deshalb setzt Acclaim auf eine breite, stilistisch markante Startaufstellung, will in Wellen nachlegen und das Dialog-Format der Showcase fortschreiben. Für Fans klassischer Marken bleibt die Tür bewusst einen Spalt offen: Wo Rechte-Situationen es erlauben, soll es moderne Neuinterpretationen geben – allerdings erst, wenn die Basis mit starken neuen IPs steht.
Die neun neuen Spiele: Acclaims erstes Line-up im Überblick
Statt eine einzige „Mega-Wette“ zu platzieren, setzt Acclaim zum Auftakt auf Vielfalt mit klarer Handschrift – Arcade-Sport, Metroidvania, Rhythmus-Action, Roguelite, Stil-Experimente. Der Showcase lieferte diese neun Titel, teils sofort spielbar, teils mit PC-Start und Konsolen in Planung:
- Katanaut – ein schneller, düsterer Metroidvania-Roguelite-Mix mit kosmischem Horror an Bord einer verfallenen Raumstation; ab sofort auf dem PC, Konsolen folgen. Fans nennen es augenzwinkernd „Dead Space Cells“.
- Basketball Classics – 5-gegen-5 mit Retro-DNA und taktischer Tiefe vom Studio Namo Gamo; jetzt auf PC, „coming soon“ für Nintendo Switch.
- HYPERyuki: Snowboard Syndicate – Arcade-Snowboarden mit markantem Dreamcast-Flair, bunter Besetzung und Freischalt-Kosmetik; PC & Konsolen geplant.
- GRIDbeat (auch „GRIDBeat“ geschrieben) – Rhythmus-Action, bei der jeder Move auf den Takt passt; wer aus dem Beat fällt, riskiert den System-Lockdown; PC zuerst.
- Pixel Washer – Reinigungs-Zen mit augenzwinkender Pigxel-Schweinchen-Hauptfigur und Power-Washer; PC & Konsolen in Arbeit.
- The Prisoning: Fletcher’s Quest – Metroidvania als psychologischer Befreiungskampf eines Entwicklers in der Dungeonscape seines eigenen Geistes; PC & Konsolen geplant.
- Talaka – rasantes, handgemaltes Roguelite mit Afro-brasilianischer Mythologie, Koloss-Kämpfen und Götter-Upgrades; PC & Konsolen geplant.
- Ground Zero Hero – Action-Roguelite im postapokalyptischen Bonbon-Ödland: Mutanten verprügeln, radioaktive Guts absorbieren, mutieren und überleben; PC zuerst.
- Tossdown – Liefer-Laufspiel mit irrsinnigen Hindernissen, von Jet-Boosts bis Raketen-Ausweichmanövern; PC & Konsolen geplant.
Die Auswahl wirkt wie eine kuratierte Spielwiese für Stile mit Persönlichkeit, kurzer Time-to-Fun, hohem Wiedererkennungswert – und subtilen Verneigungen vor Acclaims 90er-DNA. Besonders klug: Katanaut als „Heute spielen, sofort verstehen“-Anker, Basketball Classics als Brücke zwischen Retro-Charme und kompetitiver Moderne und HYPERyuki als Blickfang für die „Arcade-ist-wieder-cool“-Fraktion. Wer Rhythmus-Tüfteln mag, findet in GRIDbeat ein vertracktes, stilisiertes Antidot zum Open-World-Einheitsbrei; Talaka und The Prisoning bringen künstlerische Ambition in die Mischung. Der gemeinsame Nenner: „Attitüde“ – Spiele, die nicht aussehen, klingen oder sich spielen wie irgendetwas anderes nebenan.
Wie passt das zur Marke Acclaim? Parallelen, Brüche und die Lehren aus den 90ern
Historisch stand Acclaim für Lizenz-Power und Marketing-Spektakel: Mortal Kombat bekam dank Acclaims Heimversionen popkulturelle Durchschlagskraft auf Konsolen; Turok bewies, dass ein unerwartet erwachsenes Shooter-Erlebnis auf Nintendo-Hardware Millionen bewegen kann; Shadow Man zeigte, wie Comic-Mythos, Technik-Vorsprung und Atmosphäre eine Marke tragen; Burnout 2 brachte Hochtempo-Arcade auf Konsolen – und die dazugehörigen Schlagzeilen. Gleichzeitig brachten Überhitzung, Fehlinvestitionen und übergrenzte Lizenzwellen Acclaim 2004 zu Fall. Das neue Acclaim liest die eigene Geschichte offensichtlich anders: Nicht das größte Budget gewinnt, sondern die interessanteste Idee, schlau verpackt und gut vermarktet. Indie-Partnerschaften sind dafür ideal, weil sie kurze Produktionswege, klares Profil und kalkulierbare Risiken erlauben. Kurz: Früher setzte Acclaim auf „laut und groß“ – heute auf „smart, schnell, eigenständig“.
Wohin führt der Weg? Pläne für die nahe Zukunft – und was Fans erwarten dürfen
Operativ hält Acclaim das Show-Konzept lebendig: Weitere „Play Acclaim“-Events sind angekündigt, um Neuheiten schubweise zu bündeln, Feedback einzusammeln und Momentum zu halten. Inhaltlich stehen kurzfristig PC-Releases mit anschließenden Konsolenfassungen im Fokus; mittelfristig deutet die Chefetage an, dass man klassische Marken dort reanimiert, wo Rechte- und Business-Lage sinnvoll zusammenfallen. Strategisch will Acclaim aus der Kombination von Markenwiedererkennung und Start-up-Tempo Kapital schlagen: Entwickler erhalten eine prominente Bühne und enge Unterstützung, Spieler bekommen kuratierte, „griffige“ Titel, die schnell Spaß machen und trotzdem Ecken und Kanten besitzen. Dass mit Katanaut bereits ein „Available Now“ im Paket steckt, unterstreicht den Willen, Worte zügig in erlebbare Produkte zu verwandeln – und gleichzeitig eine Pipeline aufzubauen, die 2026ff. in Wellen trägt.
Einordnung für 2025: Warum dieses Comeback gerade jetzt Sinn ergibt
Die Branche steht 2025 zwischen Konsolidierung, Kostendruck und Kreativhunger. Während Blockbuster-Risiken steigen, wächst die Sehnsucht nach klar profilierten Spielen mit hohem „Pick-up-and-Play“-Faktor – genau die Nische, in der Indie-Titel regelmäßig Erfolge feiern. Ein erfahrener Publisher, der Marketing-Schub, Reichweite und operative Hilfe liefert, ist hier Gold wert. Acclaim bringt zusätzlich eine weltweit bekannte Silhouette ins Schaufenster: das Regenbogen-Logo als Erinnerungsanker, der Aufmerksamkeit schafft – aber eben nicht als Selbstzweck missbraucht wird. Wenn die neue Firma es schafft, die Balance aus markanter Handschrift, verlässlichen Produktionsketten und fairen Entwickler-Deals zu halten, hat dieses Comeback realistische Chancen, mehr zu sein als eine Retro-Fußnote. Die Premiere zeigt zumindest: Hier werden keine alten Verpackungen recycelt, hier werden neue Stimmen verstärkt – und genau danach sehnt sich der Markt.
Fazit
Acclaims Rückkehr ist nicht die Reanimation eines 90er-Museums, sondern der Versuch, eine berüchtigte Markenenergie in ein zeitgemäßes, entwicklerzentriertes Publisher-Modell zu übersetzen. Die erste Neuner-Welle wirkt homogen in ihrer Haltung, heterogen in Genre und Tonalität – und schickt mit Katanaut gleich ein Vorab-Signal in die Hände der Spieler. Entscheidend wird sein, ob Acclaim die Showcase-Kadenz klug nutzt, die Pipeline stabil hält und dort, wo es Sinn ergibt, klassische IPs mit modernen Ideen verknüpft. Gelingt das, könnte 2025 als das Jahr gelten, in dem eine alte Ikone ein neues Kapitel aufschlug – und dabei mehr war als ihr eigener Schatten.
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Quellen
- VGC: Acclaim marks its return by announcing 9 new games (10.09.2025)
- GameSpot: Play Acclaim Showcase – Everything Revealed (10.09.2025)
- Gematsu: Interview mit CEO Alex Josef – A New Era (10.09.2025)
- Game Developer: Acclaim returns from the dead… (04.03.2025)