
Verkauf, Lizenzen, Rechtsstreit – und der neue C64 Ultimate im Praxis-Check
Der Kult kehrt zurück: Eine Investoren-Gruppe um den YouTuber und Retro-Macher Christian „Perifractic“ Simpson hat die Marke Commodore übernommen – inklusive eines großen Pakets historischer Warenzeichen. Parallel startet mit dem C64 Ultimate das erste neue Hardware-Produkt seit Jahrzehnten. Was wurde genau gekauft, wie steht es um die Amiga-Rechte, was kann der neue C64 – und wohin steuert die Marke strategisch? Hier sind die wichtigsten Fakten, sauber sortiert und mit Quellen.
Der Deal: 47 eingetragene Marken – aber (vorerst) ohne Amiga
Nach Jahren der Zersplitterung hat die neue Commodore-Führung den Kern der Marke konsolidiert: Für einen niedrigen siebenstelligen Betrag wurde Commodore übernommen; 47 ursprüngliche Commodore-Marken sind Teil des Pakets, darunter Name, Logo und Begriffe aus der 8-Bit-Ära wie PET, Plus/4 und CBM.
Wichtig: Die Marke Amiga gehört nicht automatisch dazu. Amiga muss separat lizenziert werden; Commodore signalisiert jedoch Gesprächsbereitschaft.
Rechtslage: Amiga, Cloanto vs. Hyperion & ein zweites „Commodore“
Die rechtliche Gemengelage rund um Amiga bleibt komplex. Ein Urteil des US-Bundesberufungsgerichts vom 12. Juni 2025 im Verfahren Cloanto v. Hyperion zeichnet den aktuellen Stand der Auseinandersetzungen um Lizenzen und Marken- bzw. Urheberrechte; die Historie reicht bis zu Abmachungen aus 2009 zurück. Für die neue Commodore-Strategie bedeutet das: Kooperation statt Konfrontation ist der schnellste Weg zu Amiga-Projekten.
Zudem beansprucht eine in Italien ansässige Firma eigene „Commodore“-Positionen. Für Käufer heißt das: Offizielle Produktseiten und Pressemeldungen genau prüfen.
Erstes Produkt: Der Commodore 64 Ultimate im Überblick
Mit dem C64 Ultimate liefert Commodore das Comeback-Produkt: kein PC mit Emulator, sondern ein FPGA-Replikat der Original-Hauptplatine (Artix-7), ausgelegt auf sehr hohe Kompatibilität zu Cartridges, Laufwerken und zigtausend Klassikern. Moderne Anschlüsse sind an Bord: HDMI (1080p), USB-A/USB-C, Ethernet und WLAN, MicroSD, Klinke und S/PDIF; zwei DB-9-Ports für Joysticks, IEC-Port, Datasette-Port sowie ein interner User-Port (Adapter separat).
Vorbestellung & Preise: Es handelt sich nicht um eine Kickstarter-Kampagne, sondern um eine direkte Commodore-Vorbestellung. Die drei Varianten heißen BASIC Beige (ab 299 US-$), Starlight (349,99 US-$) und die aufgewertete Founders Edition (499,99 US-$). In der EU kursieren je nach Händler/Steuern umgerechnete Preise; genannt werden für die Founders Edition rund 425 €.
Kritikpunkte & Einordnung: In Foren wird der fehlende externe User-Port genannt – faktisch ist er intern vorhanden und per Adapter nutzbar; außerdem wird der Preis diskutiert. Angesichts FPGA-Hardware, hoher Kompatibilität, offizieller ROM-Lizenzierung/GEOS-Beilage und Produktion via Vororder ist die Preisgestaltung jedoch argumentierbar.
Merch & Zubehör: Adapter, Kabel – und Lizenzgebühren
Im offiziellen Store tauchen neben Merch (z. B. „Dog Tags“) praktische Zubehörartikel auf – etwa S-Video/Composite-Kabel und der C64U User-Port-Adapter. Das unterstreicht, dass man alte Peripherie ernst nimmt und bewusst Brücken in die Moderne baut.
Lizenzmodell: Wer das Commodore-Logo offiziell auf Produkte setzen will, soll laut CEO-Aussagen mit einer Lizenzgebühr von 6,4 % des Nettoumsatzes rechnen. Ein formales Gebührenblatt ist derzeit nicht öffentlich.
Digital-Detox-Positionierung: Retro-Futurismus statt „toxischer“ Tech
Commodore beschreibt sich als „Digital Detox Brand“ – also als Gegenentwurf zu überreizten, ablenkenden Plattformen. Ziel ist „Freude am Rechner“ wie in den 90ern, kombiniert mit moderner Hardware. Das Narrativ findet sich in Pressemitteilungen und Berichten; parallel ist die Marke auf Social-Kanälen aktiv (u. a. Bluesky, YouTube). Auf Produktseiten blitzt die Haltung sogar augenzwinkernd auf („No social media“ im Verbindungs-Block).
Ausblick: Amiga & Retrogames Limited – Kurs auf 2026
Amiga-Rückkehr? Commodore möchte Amiga perspektivisch zurück unter ein Dach bringen; realistisch ist das über Kooperationen. Parallel arbeitet Retro Games Ltd. (die Macher von THEC64 und THEA500 Mini) an einem vollformatigen „THE A1200“ mit funktionierender Tastatur. Nach dem erneuten Auftauchen auf der Gamescom 2025 gilt ein vollständiges Reveal im Oktober 2025 als wahrscheinlich; Veröffentlichungsziele nennen 2026. Rechtsfragen um Amiga wirken als Bremsklotz – die Signale bleiben dennoch positiv.
Wirtschaftliche Frühzeichen: Verkaufsstart mit Rückenwind
Berichte über starke Vorbestellzahlen und ein siebenstelliges Umsatzvolumen in der ersten Woche deuten auf substanzielle Nachfrage. Gleichzeitig mahnen Analysen zur Vorsicht: Fragmentierte IP-Landschaft, Nischenmarkt und Konkurrenz durch günstigere Alternativen bleiben Herausforderungen – die Strategie „Community-geführt, nachhaltig, qualitativ“ soll genau hier ansetzen.
Fazit
Commodore 2025 ist mehr als Nostalgie: Der Konzern bündelt 47 historische Marken, startet mit einem technisch sauber aufgesetzten C64-FPGA-System und positioniert sich klar gegen hektische, datengetriebene Tech-Ökosysteme. Das Amiga-Puzzlestück fehlt (noch), aber Gespräche laufen. Für Fans, Entwickler und Händler heißt das: Chancen zur offiziellen Lizenzierung, echte Hardware für alte Peripherie – und eine Marke, die Verantwortung für ihr Ökosystem übernehmen will.
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Quellen & weiterführende Links
- Tom’s Hardware – „Commodore acquired for a ‘low seven figure’ price“
- Old School Gamer Magazine – Press Release (47 Marken)
- Tom’s Hardware – „Acquisition completed… Digital Detox / Retro-Futurism“
- Time Extension – CEO-Interview & Einordnung Amiga getrennt
- US Court of Appeals (9th Cir.) – Cloanto v. Hyperion (12.06.2025)
- GenerationAmiga – „Clash of the Commodores“
- Offizielle Produktseite C64 Ultimate (Specs, Ports, FAQ, Preorder)
- Time Extension – „Commodore 64 Ultimate“ (Varianten/Preise)
- Heise (engl.) – Founders Edition ~425 €
- Commodore Store – Zubehör/Adapter/Merch
- YouTube (Perifractic) – Q&A/Lizenzgebühr 6,4 %
- Datagubbe – Kommentar zur 6,4 %-Gebühr
- Time Extension – „THE A1200“ auf der Gamescom & rechtliche Verzögerungen
- Tom’s Hardware – Vollformat-A1200 am RGL-Stand
- GamesPress – RGL-Pressemitteilung (Reveal-Fahrplan)
- Tom’s Hardware – C64 Ultimate Produktvorstellung (Varianten/Shipping)
- WIRED – Hintergrundanalyse zum Comeback