
Umstieg auf privates Peering
Vodafone verlässt öffentliche Internetknoten und stellt sein Peering in Deutschland schrittweise von offenen Internet-Austauschknoten (IXPs) auf privates Peering über die Plattform des Berliner Anbieters Inter.link um. Das Unternehmen nennt als Ziele mehr Automatisierung, Stabilität und geringere Latenzen; in Deutschland soll die Migration bis Ende 2025 abgeschlossen sein. Beim privaten Peering fallen im Gegensatz zu öffentlichen IXPs in der Regel Gebühren an. Diese Weichenstellung betrifft die Interconnection-Strategie eines der größten Netzbetreiber Europas und könnte die Wege beeinflussen, über die Inhalte Anbieter und Kunden erreichen.
Was bedeutet „öffentlicher Internetknoten“ – und was ändert sich?
Öffentliche Internetknoten, meist als Internet Exchange Points (IXPs) bezeichnet, sind neutrale Plattformen, an denen Netzbetreiber und Inhalteanbieter Datenverkehr effizient und kostengünstig austauschen. Dieses öffentliches Peering senkt Verteillatenzen und ermöglicht es auch kleineren Netzen, sich direkt mit großen Providern zu verbinden. Vodafone verlässt öffentliche Internetknoten nun zugunsten von bilateral vereinbarten Verbindungen über Inter.link. Technisch wird der Datenverkehr nicht mehr über Peering-Fabric und öffentliche Ports der IXPs ausgetauscht, sondern über private, vertraglich geregelte Interconnects. Laut Vodafone wird dadurch die Anbindung stärker automatisiert und zentral orchestriert, um Ausfallsicherheit und Performance zu verbessern; gleichzeitig verschiebt sich die wirtschaftliche Logik: statt offenen Peering-Policies gelten individuelle Vereinbarungen – typischerweise kostenpflichtig für die Gegenstelle.
Zeitleiste, Städte und Reichweite des Umstiegs
Der Anbieter kommuniziert einen klaren Fahrplan: Bis Ende 2025 soll der gesamte deutsche Datenverkehr von bestehenden Internetknoten auf das neue System migriert sein. Vodafone verweist dabei auf die Inter.link-Infrastruktur mit Anschlussmöglichkeiten unter anderem in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, München, Düsseldorf, Nürnberg und Stuttgart. Weitere Ländergesellschaften der Gruppe sollen im Anschluss folgen. Operativ bedeutet das, dass Netzpartner, Inhalte- und Cloud-Anbieter, die bisher an öffentlichen IXPs mit Vodafone-Verbindungen arbeiteten, ihre Konnektivität über Inter.link neu arrangieren müssen. Die Plattform bietet dafür ein automatisiertes Onboarding sowie Self-Service-Optionen, mit denen sich Kapazitäten und Routen steuern lassen.
Warum Vodafone geht: Die Motive hinter dem Strategiewechsel
In den offiziellen Verlautbarungen nennt Vodafone vor allem technische und betriebliche Gründe. Die Automatisierung der Interconnection-Prozesse soll Beschaffung, Skalierung und Störungsbehebung beschleunigen. Zudem verspricht man geringere Latenzen und höhere Resilienz durch einheitliche, zentral verwaltete Verbindungen. Öffentlich zugängliche IXPs bleiben zwar leistungsfähig, erfordern jedoch Koordination mit vielen einzelnen Gegenstellen. Ein privates, Plattform-gestütztes Modell kann – so die Logik – Lastspitzen gezielter abfedern und Kapazitäten bedarfsgerecht aufstocken. Vodafone verlässt öffentliche Internetknoten damit im Sinne einer Standardisierung der eigenen Interconnects, was intern Prozesse vereinheitlichen und damit Kosten und Komplexität reduzieren kann.
Auswirkungen: Was Kunden, Inhalteanbieter und kleinere Netze beachten sollten
Für Endkunden ändert sich kurzfristig oft wenig: Internetzugang, Geschwindigkeit und typische Dienste laufen weiter. Spürbare Effekte sind vor allem dort möglich, wo Inhalteanbieter bislang ausschließlich über öffentliche IXPs eine direkte Anbindung zu Vodafone hatten. Solche Anbieter müssen künftig über Inter.link terminieren. Das kann Vertrags- und Gebührenfragen aufwerfen, beeinflusst aber nicht automatisch die Qualität. Entscheidend sind Kapazitätsplanung, Redundanzen und die tatsächliche Ausführung der Migration. Für größere Plattformen mit eigener Interconnect-Strategie sind Anpassungen üblich; kleinere und mittlere Anbieter sollten frühzeitig prüfen, über welche Knoten und Points of Presence sie Inter.link erreichen und welche Bandbreiten wirtschaftlich sind. Für Netzbetreiber jenseits Deutschlands ist relevant, dass die Vodafone-Gruppe weitere Länder anstrebt – die Reichweite des Modells dürfte also zunehmen.
Einordnung: Chancen, Risiken und offene Fragen
Der Schritt berührt eine Grundfrage der Internetökonomie: offenes Peering an IXPs versus privates Peering mit Plattform-Partnern. Offene Knoten vereinfachen den Marktzugang und reduzieren Reibung für viele Beteiligte; private Interconnects bieten Kontrolle, Verlässlichkeit und vertragliche Klarheit. In der Praxis existieren beide Modelle seit Jahren parallel. Neu ist die konsequente Abkehr eines großen Access-Providers von öffentlichen Peering-Fabrics in einem Kerntmarkt. Potenzielle Vorteile sind klar benannt: konsistentere Latenzen, zentralisierte Steuerung, schnellere Skalierung. Mögliche Risiken liegen in höheren Eintrittshürden für kleinere Akteure und in Konzentrationseffekten, wenn viel Verkehr über einen Plattformpartner läuft. Ob Endkunden Unterschiede merken, hängt letztlich von Umsetzung und Kapazitätsmanagement ab. Die veröffentlichten Informationen zeigen derzeit keinen konkreten Nachweis systematischer Leistungsverschlechterungen; gleichzeitig lassen sich punktuelle Unstimmigkeiten während einer Migration nie vollständig ausschließen.
Hintergrund: Peering, Transit und die Rolle von Inter.link
Beim Peering tauschen Netzwerke Verkehr direkt aus; beim Transit bezahlt ein Netz einen Upstream-Anbieter, um den Rest des Internets zu erreichen. Öffentliche IXPs erleichtern Peering in der Breite, während privates Peering oft gezielt zwischen zwei Netzen oder über eine Plattform organisiert wird. Inter.link positioniert sich als Automations- und Orchestrierungsanbieter für solche Verbindungen, inklusive Monitoring, Traffic-Engineering und Self-Service-Bandbreiten. Für Vodafone reduziert das den operativen Aufwand, um hunderte Einzelbeziehungen zu managen. Dass Vodafone öffentliche Internetknoten verlässt, bedeutet jedoch nicht das Ende offener IXPs – sondern illustriert, wie sich große Access-Netze strategisch auf skalierbare, zentral gemanagte Interconnects stützen, während andere Marktteilnehmer weiterhin auf öffentliche Fabrics angewiesen sind oder diese aus Ökosystemgründen bevorzugen.
Transparenz und Status quo
Die jüngsten Veröffentlichungen stammen vom 6. und 7. November 2025 und sind damit aktuell. Sie enthalten den Zeitplan für Deutschland (Abschluss bis Ende 2025) sowie die Ankündigung, weitere Länder danach zu adressieren. Konkrete Konditionen gegenüber Dritten werden nicht im Detail genannt; verlässlich ist lediglich, dass privates Peering typischerweise gebührenpflichtig ist. Sollten in einzelnen Netzen oder Regionen temporäre Erreichbarkeitsprobleme auftreten, ist das in großflächigen Migrationen nicht ungewöhnlich – belastbare, breit gestützte Hinweise auf dauerhafte Beeinträchtigungen liegen in den herangezogenen Quellen derzeit nicht vor. Die weitere Entwicklung hängt von der Geschwindigkeit des Onboardings über Inter.link, dem Ausbau der Ports an relevanten Standorten und dem Monitoring während der Umstellung ab.
Quellen
- Vodafone selects Inter.link to enhance interconnection with other ISPs — Vodafone (07.11.2025)
- Vodafone Deutschland beendet Public Peering — Golem.de (07.11.2025)
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