
Folgen für deutschsprachige Medien
Google beendet sein unternehmensweites Abonnement der Financial Times. Was wie eine kleine Sparmaßnahme klingt, ist ein starkes Signal: Die Fronten zwischen Plattform und Verlagen verhärten sich – mitten in der Debatte um AI Overviews, sinkende Such-Referrals und neue Klagerisiken. Laut TechCrunch ist das FT-Abo nicht das einzige Corporate-Abo auf der Streichliste; es reiht sich ein in eine breitere Effizienz-Offensive bei Alphabet, obwohl die Geschäftszahlen solide sind.
Warum diese Entscheidung mehr ist als Symbolpolitik
Erstens verschiebt sich das Machtgefüge: Während OpenAI, Meta & Co. offensiv Inhalte lizenzieren, hält sich Google mit Publisher-Deals zurück – und setzt gleichzeitig mit AI Overviews auf Antworten direkt in der Suche. Für Verlage bedeutet das weniger Klicks und geringere Werbeumsätze. Empirisch belegt: Nutzer klicken deutlich seltener auf Ergebnis-Links, wenn eine AI-Zusammenfassung erscheint (8 % Klickrate vs. 15 % ohne AI-Summary), so der Pew Research Center-Befund. Die Branchenvereinigung Digital Content Next meldet parallel breite Rückgänge bei Google-Referrals, vielfach im Korridor −1 % bis −25 %.
Der juristische Kippmoment: DSA, Beschwerden und Klagen
Zweitens eskalieren die Rechtsrisiken. In Deutschland hat eine Allianz aus Medien- und Digitalverbänden eine förmliche Beschwerde gegen Googles AI Overviews eingereicht – mit dem Vorwurf, die Funktion entziehe unabhängigen Angeboten Reichweite und Werbeerlöse und verstoße gegen Pflichten aus dem Digital Services Act. Parallel in den USA: Penske Media (u. a. Rolling Stone, Variety) klagt gegen Google wegen AI Overviews – ein Präzedenzfall, der Lizenz- und Haftungsfragen in den Mittelpunkt rückt. Für Plattformen drohen in Europa bei DSA-Verstößen empfindliche Sanktionen, was die Verhandlungsposition der Verlage stärkt.
Einordnung für DACH-Publisher: Risiken, Hebel, Handlungsoptionen
Traffic-Risiko managen: Wer seine Reichweite stark von Google-News und der klassischen Websuche abhängig gemacht hat, spürt die AI-Overview-Effekte zuerst. Redaktionen sollten die Abhängigkeit aktiv reduzieren – durch direkte Zugänge (Newsletter, Apps, Paid-Bundles), stärkeres Audience-Development und eine konsequente 1st-Party-Datenstrategie. Die empirischen Rückgänge bei Klicks und Referrals sind inzwischen breit dokumentiert und sollten in Forecasts einpreist werden.
Produkt & SEO neu denken: AI-taugliche Aufbereitung (prägnante Antworten, FAQ-Blöcke, strukturierte Daten, präzise Headline-Framing) erhöht die Chance, trotz AI-Overviews noch Klick-Anreize zu setzen – etwa durch tiefergehende Vertiefungsangebote, lokale Exklusivinhalte und Tools/Services, die sich nicht in einer AI-Summary erschöpfen. DCN-/Digiday-Daten deuten darauf hin, dass allgemeine Wissensfragen besonders zur „Zero-Click“-Suche tendieren; differenzierende Nutzwerte schlagen hier die reine Nachrichtenparaphrase.
Recht & Verhandlung: Die DSA-Beschwerde zeigt: Kollektives Vorgehen verschafft Gehör. Für deutschsprachige Häuser gilt es, Positionen zur Crawler-Zulassung (robots.txt), zu Datenlizenzierungen und zu Ausnahmeregelungen unter DSA/Urheberrecht strategisch abzustimmen. Die US-Klage von Penske erhöht zugleich den globalen Druck auf Google, klare und vergütete Nutzungsmodelle für journalistische Inhalte zu etablieren – so wie es andere AI-Akteure mit Publisher-Deals bereits vorexerzieren.
Commercial Mix diversifizieren: Wenn Plattformen sogar interne Corporate-Abos kürzen, sinkt der indirekte Publisher-Umsatzhebel über Konzernlizenzen. Für Verlage empfiehlt sich daher ein robusteres Direktgeschäft: Firmen-Mehrplatzlizenzen, B2B-Research-Produkte, Branchen-Briefings und Events – alles dort, wo AI-Kurzantworten keinen Ersatz bieten. Die TechCrunch-Meldung zum FT-Abo unterstreicht, dass die Beziehung zwischen Google und Verlagen gerade nicht enger, sondern distanzierter wird.
Die Streichung des FT-Unternehmensabos ist ein Symbol für eine größere Verschiebung: Google optimiert Kosten und Nutzererlebnis in der Suche – mit AI Overviews als Gravitationszentrum. Für Verlage im deutschsprachigen Raum heißt das: weniger implizite Traffic-Transfers, mehr rechtlicher Druck, aber auch neue Verhandlungschancen. Wer jetzt sein Produkt differenziert, die Abhängigkeit von Such-Referrals senkt und kollektive Rechts- und Lizenzstrategien unterstützt, wird die unvermeidliche KI-Disruption besser in nachhaltige Erlöse übersetzen.
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Quellen
- TechCrunch: Google isn’t kidding around about cost cutting, even slashing its FT subscription
- Pew Research Center: Google users are less likely to click when an AI summary appears
- Digiday: AI Overviews linked to 1–25 % Traffic-Rückgang bei Publishern (DCN-Daten)
- Reuters: Penske Media verklagt Google wegen AI Overviews
- BDZV: Allianz reicht DSA-Beschwerde gegen Googles AI Overviews ein